Wenn Waren in Einkaufsmärkte geliefert werden, finden nicht alle sofort Platz in den Verkaufsregalen. Häufig müssen Produkte zunächst im Hintergrundlager der Filiale zwischengelagert werden, was hohe Kosten verursacht. Handelsunternehmen arbeiten an Strategien zur Lösung dieses Problems. Wie effektiv diese sind, erforscht nun der Lehrstuhl für Supply Chain Management & Operations an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WFI) der KU in Kooperation mit der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) und dem Handelsunternehmen dm-drogerie markt.
Prof. Dr. Heinrich Kuhn, Inhaber des Lehrstuhls für Supply Chain Management & Operations an der KU, betreut das Projekt in Kooperation mit Prof. Dr. Michael Sternbeck von der THI: „Bei einem Handelsunternehmen mit mehreren Tausend Filialen hat dieser Prozess enormen Einfluss auf die gesamten Logistikkosten“, sagt Professor Kuhn. Deswegen weist das Projekt eine hohe Praxisrelevanz auf, wie Dr. Sandra Zajac, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl, betont: „Die Regalplatzplanung ist ein wichtiges Thema im Supermarkt. Der Platz ist begrenzt; das, was nicht untergebracht werden kann, ist der sogenannte Rückpack, der zurück in das Hintergrundlager gebracht wird und zusätzliche Kosten verursacht.“
Neu eingetroffene Ware wird, nach den Schilderungen von Professor Kuhn, klassischerweise vor den Regalen im Verkaufsraum positioniert und anschließend in die Verkaufsregale geräumt – mit dem Ziel, einen möglichst hohen Anteil direkt unterzubekommen und die „Rückpackmengen“ gering zu halten. „Sonst müssen diese Produkte in das Filiallager gebracht und, wenn durch Abverkäufe erneut Regalplatz verfügbar ist, wieder vom Hintergrundlager zu den Regalen im Verkaufsraum transportiert werden“, erklärt Kuhn.
Die zusätzlichen Kosten, die daraus entstehen, seien enorm: „Man geht davon aus, dass eine Nachverräumung der Ware mit der Zwischenlagerung im Hintergrundlager in der Filiale bis zu fünfmal höheren Kosten verursacht als eine direkte Verräumung bei der Warenanlieferung.“ Mit alternativen Konzepten könne versucht werden, diese Nachverräumung zu vermeiden. „Dabei werden etwa Lieferrhythmen angepasst, Verpackungseinheiten verändert oder kurzfristige Ad-hoc-Maßnahmen durchgeführt. Diese Maßnahmen sind mit zusätzlichem Aufwand verbunden und gegen den Aufwand des Rückpacks abzuwägen“, so Kuhn. Im Rahmen des aktuellen Forschungsprojekts möchten die Kooperationspartner herausfinden, in welchem Ausmaß, bei welcher Produktkategorie und unter welchen Bedingungen sich die jeweiligen Konzepte eignen. „Anschließend sollen lang-, mittel- und kurzfristige Entscheidungsunterstützungssysteme konzipiert und implementiert werden, die die jeweiligen Konzepte im Zuge der Sortiments-, Verpackungs- und Regalplatzplanung sowie bei der Warenverräumung einbeziehen.“
In einem initialen Projekt sammelten die Forschenden zusammen mit einer Studierendengruppe Daten zu fünf ausgewählten Produktkategorien, analysierten die dabei jeweils angewandte Strategie und entwickelten ein erstes operatives Optimierungsmodell. Für Student Andreas Sabaschta war die Teilnahme am Projektstudium eine große Chance: „Ich wollte unbedingt an Analysen mitwirken, die für die Praxis auch tatsächlich relevant sind.“ Masterandin Caroline Wiesner empfand es ebenfalls als bereichernd, aktiv in die Forschung eingebunden zu sein: „Ich schreibe meine Masterarbeit zum Thema ,Filiallogistik‘. Das Thema wird auch in der Zukunft relevant sein und die Theorie lässt sich sehr gut mit der Praxis verknüpfen.“
Diese Zusammenarbeit von Praxispartner, Forschenden und Studierenden zeichnet für Prof. Sternbeck (THI) das Projekt aus: „Unterschiedliche Parteien beteiligen sich kooperativ, um gemeinsam eine Verbesserung zu erzielen, die die Effizienz von ganzen Handelslieferketten steigert.“
Der Lehrstuhl Supply Chain Management & Operations fokussiert sich in seinen Forschungsprojekten auf die Entwicklung von Entscheidungsunterstützungssystemen zur Gestaltung und zum operativen Betrieb von Liefer- und Wertschöpfungsketten in Industrie, Handel und Dienstleistung. In der Vergangenheit wurden zusammen mit Studierenden, Doktoranden, Post-Docs sowie wissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen bereits zahlreiche Forschungsprojekte in Zusammenarbeit mit namhaften Unternehmen erfolgreich analysiert, modelliert und gelöst sowie im Anschluss in internationalen Zeitschriften publiziert. Für diese Leistungen am Lehrstuhl für Supply Chain Management & Operations wurde Prof. Dr. Heinrich Kuhn nun von Seiten der WFI ausgezeichnet (mehr dazu hier).
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